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28. Feb. 2024

Internationalisierungsstrategie: Wie Borussia Dortmund die USA erobern will

Der BVB geht mit einem eigenen Büro in New York den nächsten Schritt seiner Internationalisierung. Welche strategischen Ziele haben die Schwarz-Gelben und was können andere Bundesligisten davon lernen?

2026 findet in den USA, Mexiko und Kanada die Fußball-WM statt. Und die FIFA hat auch die Klub-WM 2025 in die USA vergeben – die erste mit 32 Teams. Auch deshalb verspricht sich der europäische Profifußball in den kommenden Jahren von keiner anderen Region der Welt größere Einnahmemöglichkeiten. Die Premier League spielte im Sommer 2023 gleich einen offiziellen Wettbewerb mit sechs Teams aus und nannte ihn „Premier League Summer Series“. Mit Juventus Turin, dem FC Barcelona, dem AC Mailand und Real Madrid veranstalteten vier Spitzenclubs aus Spanien und Italien ebenfalls im Sommer 2023 die „Soccer Champions Tour“. Spaniens La Liga reiste wiederum mit Atletico Madrid, dem FC Sevilla, Betis Sevilla und Real Sociedad für eine „La Liga Summer Tour“ an.

Neun BVB-Spiele auf vier USA-Reisen

Während der größte Teil der Bundesliga die Vorbereitung lieber in Österreich verbrachte, begab sich im Sommer 2023 auch Borussia Dortmund erneut auf eine USA-Reise. Schon zum insgesamt vierten Mal tourte der BVB während der Vorbereitung auf die neue Saison durch Amerika. Für die Promotion-Tour nahm der Club einiges an Reiseaufwand in Kauf: Mit San Diego, Las Vegas und Chicago besuchten die BVB-Stars insgesamt drei US-Großstädte. Hier spielte die Borussia gegen San Diego Loyal, Manchester United und den FC Chelsea. Für BVB-Geschäftsführer Carsten Cramer ist das kein Grund, sich zu beklagen: „Globalen Aufwand für das Format Bundesliga zu betreiben, muss man als Investition in die Zukunft betrachten. Wir haben mit der Internationalisierung vor zwölf Jahren begonnen, ohne zunächst einen unmittelbaren finanziellen Benefit davon zu haben.“

BVB-Geschäftsführer Cramer: „Globalen Aufwand für das Format Bundesliga zu betreiben, muss man als Investition in die Zukunft betrachten.“ (Foto: picture alliance / RHR-FOTO | RHR-FOTO / Dennis Ewert)

BVB-Geschäftsführer Cramer: „Globalen Aufwand für das Format Bundesliga zu betreiben, muss man als Investition in die Zukunft betrachten.“ (Foto: picture alliance / RHR-FOTO | RHR-FOTO / Dennis Ewert)

Auch bei der letztjährigen US-Reise hatte der BVB wieder zahlreiche Termine mit Sponsoren und Medien, bei denen den Verantwortlichen bestätigt wurde, wie wichtig es ist, persönlich vor Ort präsent zu sein. Gerade nach dem spannenden Saisonfinale konnte der BVB nachhaltiges Interesse an der Bundesliga wecken. Insgesamt hat der Verein auf seinen vier USA-Reisen bereits neun Spiele absolviert und spürt den Effekt auch als Clubmarke: Borussia Dortmund hat an Relevanz in den USA gewonnen.

Allein mit der Reise erreichte der BVB nach eigenen Angaben nicht nur 120.000 Menschen in den Stadien vor Ort, sondern auch zwölf Millionen über die digitalen Kanäle. „In den ersten zwei Wochen nach Start unserer US-Tour wurden fast eine Million neue Follower auf den BVB-Social-Kanälen generiert“, sagt Cramer und ergänzt: „Eine Entwicklung, die beim BVB für positive Abstrahleffekte auf weitere Kennziffern sorgt – etwa im Merchandising-Verkauf oder bei den Einschaltquoten der US-Übertragungen von Bundesliga-Spielen.“

Schon fünf BVB-Sponsoren aus den USA

Die wachsende Bekanntheit im amerikanischen Markt sorgt auch für zahlreiche B2B-Partnerschaften, die der BVB mittlerweile in den USA vorweisen kann. Die Vereinigten Staaten dürften nach SPOBIS-Schätzung derzeit bereits rund vier Millionen Euro pro Saison zu Dortmunds kommerziellen Einnahmen beitragen. Dieser Betrag soll perspektivisch verdoppelt werden. Mit der Marke „Prime“ präsentierte Borussia Dortmund im Februar 2024 einen neuen Getränkepartner. Nach Coinbase, Workday, EA Sports und Topps ist Prime bereits der fünfte Sponsor des BVB, der aus dem US-amerikanischen Markt stammt. Auch mit seinen strategischen Partnern Puma und Evonik arbeitet der BVB seit Jahren gezielt auf dem US-Markt.

Millionen-Deal mit der Getränkemarke „Prime“: Bereits der fünfte Sponsor des BVB, der aus dem US-amerikanischen Markt stammt. (Foto: TikTok)

Millionen-Deal mit der Getränkemarke „Prime“: Bereits der fünfte Sponsor des BVB, der aus dem US-amerikanischen Markt stammt. (Foto: TikTok)

Der neue Deal mit dem US-Getränkehersteller soll dem BVB einen niedrigen Millionen-Betrag pro Jahr einbringen. Die Schwarz-Gelben erhoffen sich durch Prime neben Geld auch mehr Reichweite bei den jungen Zielgruppen – gerade in den USA. Denn der neue Partner wird von den bekannten Influencern Logan Paul und KSI repräsentiert. Das Duo gründete Prime im Jahr 2022 und hat allein auf Instagram über 40 Millionen Follower. Zu den weiteren Partnern des neuen US-Getränke-Riesen gehören unter anderem Ex-Dortmund-Stürmer Erling Haaland und NFL-Quarterback Patrick Mahomes.

Impact auf TV-Vertrag im Hinterkopf

Neben dem Sponsoring sollen auch die TV-Erlöse von dem Engagement im US-Markt profitieren. Der Medienrechtevertrag der Bundesliga mit ESPN+ läuft 2026 aus. Er ist mit rund 35 Millionen Euro pro Jahr zwar deutlich besser als der alte (rund sieben Millionen Euro p. a.), aber zum Beispiel auch um 145 Millionen Euro schlechter als der von Spaniens La Liga, die 180 Millionen Euro pro Saison erlöst. „Jede Aktivität der Bundesligisten in den USA zahlt auch auf die Verhandlungsposition der Bundesliga International ein, die Argumente sammeln muss, warum künftig deutlich mehr Geld aus einem TV-Vertrag fließen sollte“, sagt Cramer und liefert gleich die nächste Idee mit: „Wir haben ein großes Interesse daran, im kommenden Jahr die Klub-WM zu spielen. Damit würden wir die USA ein weiteres Mal als Reiseziel ansteuern, mit den entsprechenden begleitenden Maßnahmen in Marketing und Kommunikation.“

BVB-Spieler Giovanni Reyna: „Es geht darum, sich komplett auf einen Markt einzulassen und Nähe zuzulassen. Da können lokale Heros sicher helfen.“ (Foto: Bundesliga International)

BVB-Spieler Giovanni Reyna: „Es geht darum, sich komplett auf einen Markt einzulassen und Nähe zuzulassen. Da können lokale Heros sicher helfen.“ (Foto: Bundesliga International)

Ein weiterer positiver Aspekt: In den USA hat die Bundesliga den Ruf, die meisten US-amerikanischen Nationalspieler zu fördern. Mit Spielern wie Christian Pulisic und Giovanni Reyna hat der BVB selbst einen Anteil daran. Cramer ist es deshalb wichtig, zu betonen: „Es geht bei der Internationalisierung nicht nur um Freundschaftsspiele, sondern auch darum, sich komplett auf einen Markt einzulassen und Nähe zuzulassen. Da können lokale Heros sicher helfen, aber auch Austauschprogramme oder unsere Fußballschulen. Wir müssen mit unseren Inhalten 365 Tage pro Jahr in den Märkten präsent sein, was dank der digitalen Kanäle auch möglich ist.“ Der BVB betreibt in den USA darüber hinaus bereits seit geraumer Zeit eine Fußballakademie, die von Dallas (Texas) aus Trainingcamps an 18 Standorten des Landes organisiert.

Neues BVB-Büro in New York

Den nächsten Schritt geht der BVB jetzt mit der Gründung eines eigenen Büros in New York. Nach Shanghai und Singapur ist es bereits die dritte internationale Auslands-Dependance von Borussia Dortmund. Während Bayern München bereits seit einem Jahrzehnt in New York präsent ist und die Liga selbst 2018 nachzog, hat Dortmund nun nachgelegt. Das BVB-Büro in New York City wurde Ende Februar eröffnet und wird von Marc Lingenhoff geleitet. Lingenhoff arbeitete in den letzten zwei Jahre in strategischen Marketingfunktionen bei Avery Dennison. Davor war er elf Jahre lang bei Adidas in Deutschland und in den USA in verschiedenen Positionen im Bereich Fußball und globale Lizenzen tätig.

Zu diesem Schritt mit einer festen Präsenz in den Vereinigten Staaten haben den BVB auch die Erfahrungen an den anderen Standorten bewogen: „Am Erfolg versprechendsten ist es für die Auslandsvermarktung, mit eigenem Personal in den Märkten präsent zu sein. Deshalb haben wir uns entschieden, in New York ein weiteres Büro zu eröffnen. Einen solchen Markt aus Dortmund zu betreuen, wird diesem wichtigen Thema auf Dauer nicht gerecht.“ Zentrale Ziele sind laut Cramer: näher dran an den Fans zu sein und ein Gespür für die Wünsche bestehender und künftiger Partner zu entwickeln. Das habe sich schon in den anderen Märkten ausgezahlt. Aus New York soll dabei in Zukunft nicht nur die die Internationalisierungs-Arbeit im nordamerikanischen Raum gesteuert werden, sondern auch Maßnahmen, die in Richtung Mittel- und Südamerika zielen.

Erinnerungsbild mit BVB-Legende Roman Weidenfeller: „BVB Times Square Cup“ bot 300 Kindern Fußballerlebnis vor spektakulärer Kulisse. (Foto: BVB)

Erinnerungsbild mit BVB-Legende Roman Weidenfeller: „BVB Times Square Cup“ bot 300 Kindern Fußballerlebnis vor spektakulärer Kulisse. (Foto: BVB)

Vor Ort lassen sich auch Maßnahmen und Projekte deutlich besser umsetzen, so etwa der „BVB Times Square Cup 2023“, den der BVB zuletzt bereits zum zweiten Mal nach 2022 mit Unterstützung der DFL veranstaltet hat. Gemeinsam mit dem Partner Street Soccer USA, einer gemeinnützigen Organisation, die das Ziel hat, Armut zu bekämpfen und Gemeinden durch Fußball zu stärken, brachte der BVB einen Samstag lang schwarz-gelbes Fußballfeeling auf den Times Square in New York City. Die Veranstaltung im Herzen von Manhattan lockte von früh morgens bis in die Abendstunden rund 200 000 Menschen an. Im Mittelpunkt des Geschehens standen dabei 300 kickende Kinder im Alter von 4 bis 18 Jahren, die im 4v4-Format den „BVB Times Square Cup“ ausspielten.

Empire State Building in schwarz-gelben Farben illuminiert: Bundesliga global ins Scheinwerferlicht rücken. (Foto: BVB)

Empire State Building in schwarz-gelben Farben illuminiert: Bundesliga global ins Scheinwerferlicht rücken. (Foto: BVB)

Am Rande des Cups war die Watch Party im nahen Pelé Soccer Shop ein weiteres Highlight, bei der über 200 Fans zusammenkamen, um den Heimsieg der Bundesliga-Mannschaft von Dortmund gegen Union Berlin live am Fernseher zu verfolgen. BVB-Legende Roman Weidenfeller, der das gesamte Event begleitete, war auch dort ein gefragter Gesprächspartner. Ein Fußballerlebnis vor spektakulärer Kulisse, das zeigt, welche Begeisterung der BVB in Nordamerika erzeugen kann. Am Abend wurde das Empire State Building in schwarz-gelben Farben illuminiert: der Abschluss eines Tages, der eindrucksvoll zeigte, wie die Bundesliga global ins Scheinwerferlicht gerückt werden kann, wenn Liga und Clubs gemeinsam mutig und kreativ sind.

Titelfoto: BVB

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